Das südliche Hansaviertel vor und nach der Zerstörung
Als die Zeit stehenblieb – Die Bombardierungen Berlins und des Hansaviertels
Das Leben im Hansaviertel wurde während des Zweiten Weltkriegs weitgehend ausgelöscht. Als die Alliierte Luftwaffe im März und November 1943 mehrere Angriffswellen auf Berlin flog, zerstörte sie neben vielen anderen Bezirken der Stadt auch etwa zwei Drittel der Wohnbauten im Hansaviertel. Die Bombardierungen und der anschließende Feuersturm kosteten vielen Menschen das Leben. Diejenigen, die sich in den Bunkern schützen konnten, erlitten den Verlust ihrer Habe und ihres Zuhauses.
Als Reichshauptstadt, Industriezentrum und Regierungssitz von Adolf Hitler sowie als Dienstsitz aller wichtigen Kommandobehörden stand Berlin im besonderen Visier der alliierten Angriffe. Von der „Schlacht um Berlin“ erhofften sich diese die kriegsentscheidende Wende. Bereits seit 1940 waren mehrere Luftangriffe auf Berlin geflogen worden, doch standen zunächst kriegsrelevante Ziele wie Rüstungsanlagen, Industrieanlagen und Infrastruktur im Fokus. 1942 änderten die Alliierten ihre Strategie. Auch als Reaktion auf die deutschen Bombardierungen Londons und die Zerstörung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe nahmen die Briten mit der Area Bombing Directive vom Februar 1942 auch nicht militärische Ziele – vor allem Wohngebiete – ins Visier. Durch das sogenannte „Moral Bombing“(1) erhofften sie sich eine Demoralisierung der deutschen Zivilbevölkerung, die daraufhin das Hitler-Regime stürzen sollte. Diese Strategie sollte der Abwurf von Flugblättern über Berlin mit dem Inhalt: „Stürzt Hitler, dann habt ihr Frieden“(2) unterstützen.
Auch die US-Amerikaner bereiteten sich auf effektivere Luftangriffe gegen die deutschen Städte vor. Im Mai 1943 wurde das German Village auf dem Dugway Proving Ground in Utah errichtet, welches aus Nachbauten auch von typischen Mietskasernen bestand.(3) Hier erprobten die Streitkräfte verschiedene Kampfstoffe, jedoch auch das Brandverhalten der Wohnbauten. Die gewonnenen Erfahrungen setzten die Royal Air Force und die United States Air Forces dann ab 1943 bei ihren Angriffen auf deutsche Städte ein. In Berlin wurden große Teile der Innenstadt vernichtet: Die Bezirke Wedding, Mitte, Prenzlauer Berg, Schöneberg, Steglitz, Friedrichshain und Kreuzberg sowie das Zentrum zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor wurden durch die Flächenbombardements weitgehend zerstört.(4)
Im Hansaviertel überstanden von den 343 Wohnbauten nur 70 weitgehend die Zerstörungen. Auch der Baumbestand des Tiergartens brannte großteils nieder. Einen Teil des restlichen Bestands holzte die notleidende Bevölkerung in den eiskalten Wintern nach Kriegsende als Brennmaterial ab, während sie im Frühjahr die nun freigewordenen Flächen zum Anbau von Gemüse nutzte. Eine Bepflanzung und Aufforstung startete erst wieder 1949, als der Regierende Bürgermeister Berlins Ernst Reuter am 17. März symbolisch die erste Linde pflanzte.(5) Die Wiedererrichtung des Hansaviertels sollte erst ab 1953 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Interbau beginnen.
Dr. Sandra Wagner-Conzelmann