Bekanntgabe der Kultusministerkonferenz (KMK): Entscheidung zu den Welterbenominierungen
Am 4. 12. 2023 hat die Kulturministerkonferenz ihren Beschluss auf Basis der Empfehlung des Fachbeirates gefasst. Er fällt für unseren Vorschlag leider nicht positiv aus. Es gibt in diesem Tentativverfahren auch keine Rückstellungen. Sehr viele Engagierte und Unermüdliche haben sich gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt und vielen anderen aus den Berliner Verwaltungen ein positives Votum für den großen Vorschlag der Berliner Nachkriegsmoderne gewünscht. Dass das nun nicht zustande gekommen ist, bedauern wir sehr. Hingegen gibt es Zustimmung des Fachbeirates und der Kulturministerkonferenz für unseren zweiten Vorschlag, die Waldsiedlung Zehlendorf. Berlin wird also Zuwachs auf der Tentativliste bekommen.
Pressemitteilung
20231204_Pressemitteilung_KMK_Tentativliste
Welterbevorschlag 2021
Mit dem aktuellen Welterbevorschlag „Berlin Ost West Ost. Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne“ will Berlin neue Wege einschlagen und eine Zeit in den Vordergrund rücken, die bislang wenig Berücksichtigung in der Welterbeliste gefunden hat: Das Erbe des Wiederaufbaus, das im Gegeneinander und Miteinander von Ost und West in Berlin nach 1945 entstanden ist und von der ganzen Welt wahrgenommen wurde.
Nicht zuletzt durch das große Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner konnte der erneute Antragsprozess weiter vorangebracht werden: So fand im Herbst 2020 eine erste Bürgerwerkstatt im Hansaviertel statt, verschiedene Formate wie die Gebietspat*innen, oder der Digitale Dialog haben sich erfolgreich etabliert. Auch in Politik und Verwaltung wird intensiv über das Antragsverfahren beraten. Für eine erfolgreiche Bewerbung braucht es auch weiterhin die Beteiligung aller.
Quelle: Landesdenkmalamt Berlin
Dokumentation zur Bewerbung 2014
Das „doppelte Berlin“: Die Interbau 1957 und die Karl-Marx-Allee auf dem Weg zum Weltkulturerbe
Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und einem Paradigmenwechsel in der Rezeption der Moderne und auch der städtebaulichen Planungskriterien werden das Hansaviertel und die Bebauung an der Karl-Marx-Allee zunehmend unvoreingenommen bewertet. Die Karl-Marx-Allee, seit 1990 unter Denkmalschutz gestellt, wird als „festlicher Großstadt-Boulevard“ gewürdigt, und ihre Architektur als moderner anerkannt als zuvor. (1) Auch das Hansaviertel steht seit 1995 unter Denkmalschutz, doch gab es zwischenzeitlich auch Gegenbewegungen. In Folge des von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder ausgearbeiteten „Planwerk Innenstadt“ wurden Nachverdichtungsvorschläge für das Viertel formuliert. (2) 2007 plädierte der ehemalige Senatsbaudirektor Berlins Hans Stimmann dafür, die Nachkriegsmoderne nicht unter Weltkulturerbe zu stellen. (3) Noch im gleichen Jahr, es war das Jahr seines 50-jährigen Jubiläums, betonten demgegenüber eine Vielzahl von Veranstaltungen die vielschichtigen Qualitäten des Hansaviertels. (4)
In diesem Diskussionsumfeld entwickelte sich aus bürgerschaftlichem Engagement die Initiative, das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee auf die Welterbeliste der UNESCO aufzunehmen. Die Pläne wurden maßgeblich vom Bürgerverein Hansaviertel e.V. gemeinsam mit dem Corbusierhaus e.V. und der Hermann-Henselmann-Stiftung vorangetrieben und schließlich an den Berliner Senat herangetragen. 2012 erfolgte der Senatsbeschluss über die Nominierung der Karl-Marx-Allee und des Hansaviertels für die deutsche Tentativliste der UNESCO-Welterbeliste. Bereits am 1. Februar 2013 wurde ein Antrag für die gemeinsame Bewerbung beider Bauensemble bei der Kultusministerkonferenz und in den Gremien der UNESCO eingereicht. In der Begründung weichen die Antragsteller von der lange gültigen Rezeption der beiden Ensemble als nebeneinander stattfindende Entwicklungen ab und weisen vielmehr auf die Abhängigkeiten voneinander hin, also keine „Koexistenz“ mehr, sondern „Koevolution“. (5) Zur Unterstützung ihrer Argumentation organisierten die Antragsteller im Dezember 2013 das Kolloquium „Koevolution der Moderne. Karl-Marx-Allee/Interbau 1957“. (6)
Im April 2014 hatte der Internationale Fachbeirat (7) über den Antrag entschieden. In seinen Empfehlungen an die Kultusministerkonferenz zur Fortschreibung der deutschen Tentativliste wählte er von 31 Bewerbungen 9 Anträge aus, ohne dabei die Karl-Marx-Allee/Interbau 1957 zu berücksichtigen. Zwar würdigte der Beirat die Idee des Antrags, jedoch wurde in ihm der Outstanding Universal Value OUV „nicht hinreichend ersichtlich.“ Da die Architektur aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf der Welterbeliste jedoch eine „unterrepräsentierte Kategorie“ darstelle, ermutigte der Fachbeirat die Antragsteller, die „Thematik weiterhin zu erforschen“. (8) Die an der Antragstellung Beteiligten nutzen nun die Zeit bis zur nächsten Einreichung im Jahr 2022 zur Vorbereitung eines neuen Antrags, in dem dann das Land Berlin und der Berliner Senat als Antragsteller erscheinen werden. In Vorbereitung hierauf behandelte der 31. Berliner Denkmaltag 2017 „Das doppelte Berlin 1957–1987–2017“.(9) Auch die von Jörg Haspel und Thomas Flierl 2017 herausgegebene Publikation „Karl-Marx-Allee und Interbau 1957. Konfrontation, Konkurrenz und Koevolution der Moderne in Berlin“ verfolgt die Idee der Koevolution weiter.
Dr. Sandra Wagner-Conzelmann
Das „doppelte Berlin“
Am 18. Januar 2021 fand im Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten auf Antrag der Fraktionen der SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen eine Besprechung gemäß § 21 GO Abghs statt zum Thema:
Das „doppelte Berlin“ (Hansaviertel und Karl-Marx-Allee) als Weltkulturerbe: Konzeption und aktuelle Umsetzungsstand des Antrages auf Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste und der Entwicklung der „Themenbahnhöfe“ Weberwiese, Schillingstraße, Hansaplatz.
Hören Sie in die Debatte rein!
58. Sitzung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten am 18.01.2021
Video. Start bei: 1:56:05
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Protokoll zur Anhörung zwecks UNESCO
Punkt 5 der Tagesordnung Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs
Das „Doppelte Berlin“ (Hansaviertel und Karl-Marx-Allee) als Weltkulturerbe: Konzeption und aktueller Umsetzungsstand des Antrags auf Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste und der Entwicklung der „Themenbahnhöfe“ Weberwiese, Schillingstraße, Hansaplatz
(auf Antrag der Fraktionen der SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen)
Wortprotokoll, Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten
58. Sitzung 18. Januar 2021, PDF (Auszug)
k18-2021_01_18_S17-S33