„Man muss in den Frühlingstagen 1945 auf den ausgebrannten Ruinenwüsten des Hansaviertels gestanden haben, man muss das Bild des zerfetzten, abgeholzten Tiergartens gesehen haben, um die hoffnungsvolle Entwicklung zu erkennen. Denn der wieder gewachsene Tiergarten ist ebenso wie jedes neue Haus ein Zeichen für den Zukunftswillen der Stadt …!“
Mit diesen Worten begrüßte Otto Suhr, Regierender Bürgermeister von Berlin, 1957 die Teilnehmer anlässlich der Eröffnung der Interbau 1957 im Schloss Bellevue. Er sprach damit sicher vielen Berlinern aus dem Herzen.
Das Hansaviertel wurde vor allem seit 1943 bei Bombenangriffen fast gänzlich zerstört. Von den 343 Gebäuden lagen am Ende des Zweiten Weltkrieges etwa 300 in Trümmern, die übrigen waren schwer beschädigt.
Als innerstädtisches Trümmergebiet sollte das Hansaviertel Symbol des Erneuerungswillens der Stadt Berlin werden. Zu einem Wettbewerb von 1952 wurden 53 Architekten aus 13 Ländern eingeladen, allesamt Verfechter westlich-moderner Vorstellungen vom „Neuen Bauen“, darunter Alvar Aalto, Werner Düttmann, Egon Eiermann, Walter Gropius, Arne Jacobsen, Oscar Niemeyer und Max Taut sowie das niederländische Architektenbüro Van den Broek & Bakema. Nach ihren Entwürfen wurde 1956 mit der Neugestaltung des Hansaviertels begonnen.
Der Aufbau des Hansaviertels orientierte sich an den Vorstellungen der damaligen Moderne. Es war kein Wiederaufbau auf den alten Ruinen, sondern tatsächlich ein Neubau: Insgesamt wurden 159 Altgrundstücke völlig neu aufgeteilt und das Straßen- und Versorgungsnetz stark verändert.
Die Interbau 1957 versammelte im Hansaviertel das „Who’s Who” der internationalen Architekturszene. Hier wurden Bauwerke konzipiert, die den Bürgern einer neuen demokratischen Gesellschaft ein Zuhause geben sollten.
Sie war gleichzeitig eine Reaktion auf den 1952 begonnenen Aufbau der Stalinallee (später: Karl-Marx-Allee) im Ostberliner Bezirk Friedrichshain, deren Architektur sich an der sowjetischen Monumentalarchitektur orientierte. Ihr sollte in West-Berlin ein betont internationales und modernes Stadtbild entgegengesetzt werden. Die Einladung von Architekten aus Ländern, die wenige Jahre zuvor noch Kriegsgegner waren, war auch als eine Geste der Versöhnung zu verstehen.